Vertrauensarbeitszeit als flexibles Arbeitszeitmodell

Im ersten Blog unserer Reihe “Flexible Arbeitszeitmodelle” sind wir bereits auf die Relevanz von flexibler Arbeitszeitgestaltung eingegangen - insbesondere auf die Vertrauensarbeitszeit. Für uns hat sich hierzu die Frage gestellt, ob Führungskräfte und Mitarbeiter im Rahmen von flexibler Arbeitszeitgestaltung andere Kompetenzen benötigen als zuvor in starren Arbeitszeitmodellen. Lesen Sie, was wir dazu herausgefunden haben!

Vertrauensarbeitszeit – brauchen Mitarbeiter und Führungskräfte andere Kompetenzen?

Wenn Unternehmen sich von einem starren zu einem flexiblen Arbeitszeitmodell entwickeln, kann das viele Veränderungen mit sich bringen. Bei einem solchen Wandel greifen plötzlich nicht mehr die gleichen Führungsgrundsätze und auch die Steuerung der Mitarbeiter sollte eine andere sein. Bevor wir jedoch gezielt darauf eingehen, was diese Veränderungen umfassen könnten, gehen wir noch einmal zurück zur Ausgangslage:

Die Vertrauensarbeitszeit ist dadurch gekennzeichnet, dass die Arbeitszeit und deren Einteilung nicht mehr von den Führungskräften vorgegeben oder kontrolliert werden. Arbeitnehmer sind für deren Einteilung selbst verantwortlich.

Flexible Arbeitszeitmodelle gehen weg von einer Zeitorientierung hin zu einer Aufgaben- und Ergebnisorientierung. Das bedeutet, dass Aufgaben lediglich zu einem vereinbarten Zeitpunkt erledigt werden sollen. Wie und in welcher Zeit das erfolgt, liegt nicht mehr in der Verantwortung der Führungskräfte, sondern in der des Mitarbeiters.

Im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit ist immer wieder die Rede von einer Win-Win-Situation zwischen Unternehmensseite bzw. Führungskräften und Mitarbeitern. Gemeint ist damit, dass beide Seiten gleich viele Vorteile von diesem Arbeitszeitmodell haben sollten. Wäre eine Seite benachteiligt, wäre diese Ausgeglichenheit nicht mehr vorhanden und das Vertrauen, welches die Basis bildet, würde ganz schön ins Straucheln geraten.

Eine Konsequenz könnte dann sein, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter (wieder mehr) kontrollieren und Mitarbeiter die, durch die Vertrauensarbeitszeit gegebene, Freiheit zugunsten der eigenen Bedürfnisse ausnutzen könnten.

Wie also müssen Führungskräfte und Mitarbeiter auf diese Verschiebung dieser Verantwortung und die neue Freiheit reagieren und welche Kompetenzen bedarf es hierzu?

Kompetenzen der Führungskräfte und Mitarbeiter

Umso flexibler das Arbeitszeitmodell ist, desto höher ist der Anspruch an die Kompetenzen der Beteiligten. Für Führungskräfte bedeutet das konkret, dass sie nicht mehr kontrollieren oder starre Vorgaben geben. Sie dienen vielmehr als Coach und Vorbild für ihre Mitarbeiter.

Ihre Aufgabe ist es, Ziele und Rahmenbedingungen vorzugeben und den Mitarbeitern als Berater zur Seite zu stehen. Sie sollen die Arbeitsweise der eigenen Mitarbeiter unterstützen und eine Vertrauensbasis zu ihnen aufbauen.

Außerdem müssen sie ein Gefühl für ihre Mitarbeiter entwickeln, inwiefern diese mit ihren Aufgaben zurecht kommen. Sind die eigenen Mitarbeiter womöglich unter- oder überlastet?  Nicht umsonst wird in Fachartikeln immer wieder davon gesprochen, dass die Führungskräfte die wichtigste Rolle in der Vertrauensarbeitszeit spielen.

Von ihnen hängt zu einem beträchtlichen Teil der Erfolg dieses Arbeitszeitmodells ab. Sie müssen gute Vorarbeit leisten, also Vertrauen schaffen und beratend und unterstützend agieren. Erst dann ist der Mitarbeiter an der Reihe etwas zurückzugeben, zum Beispiel in Form von intrinsischer Motivation und guten Ergebnissen.

Die Vertrauensarbeitszeit funktioniert nach dem Prinzip der Reziprozität: Wenn ich dir etwas gebe, dann musst du mir dafür etwas zurückgeben, und das am Besten freiwillig.

Aber nicht nur für die Führungskräfte bedeutet es in der Vertrauensarbeitszeit, dass sie neue Kompetenzen entwickeln müssen, sondern auch für die Mitarbeiter. Der Erfolg des Arbeitszeitmodells hängt nicht allein von den Führungskräften ab. Er verlangt auch den Mitarbeitern viel ab.

In starren Arbeitszeitmodellen waren Mitarbeiter oftmals ausführende Instanz. Nun aber sollen sie unter Vorgabe von Zielen (auf Basis von Zielvereinbarungen) eigenverantwortlich und selbstgesteuert ihre Ergebnisse liefern.

Es ist die Aufgabe der Mitarbeiter, ihre Arbeitszeit und Arbeitsweise möglichst effizient an den Bedürfnissen des Unternehmens auszurichten und mit dem entgegengebrachten Vertrauen gewissenhaft umzugehen. Diese Arbeitsweise fordert ein hohes Maß an Selbststeuerung und Selbstreflexion, da sie nun wie ein eigener Unternehmer im Unternehmen agieren.

Diese Arbeitsweise beinhaltet auch eine erfolgreiche Teamarbeit. Innerhalb der Teams, die gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten, muss ebenso eigenverantwortlich die Arbeitszeit organisiert und abgesprochen werden. Auch hier arbeiten die Teams eigenverantwortlich und selbstgesteuert im Sinne des Unternehmens.

Die Aufgabe der Führungskräfte ist es auch hier beratend und unterstützend zu agieren. Bei Herausforderungen stehen sie als Coach zur Seite und bringen ihr Team voran, damit sie bestmögliche Ergebnisse erzielen.

Was braucht es, damit Vertrauensarbeitszeit erfolgreich ist?

Wie schon zuvor vermutet, bringt der Wandel von Arbeitszeitmodellen viele grundlegende Veränderungen mit sich – so auch natürlich für die Kompetenzen von Mitarbeitern und Führungskräften. Bei der Vertrauensarbeitszeit gilt das Motto Vertrauen statt Kontrolle.

Führungskräfte sind nun Coach und Berater und nicht mehr Anweisungsgeber oder Kontrolleur. Ihre Aufgabe ist es, die Werte der Vertrauensarbeitszeit vorzuleben und viel in die Beziehung zu den Mitarbeitern zu investieren, um eine Zusammenarbeit auf Vertrauen zu ermöglichen. Die Verantwortung wird von den Führungskräften auf die Mitarbeiter übertragen.

Die Mitarbeiter agieren nun als eigener Unternehmer im Unternehmen. Sie steuern sich und ihre Arbeit im Hinblick auf die Arbeitszeit und Zielerreichung selbst. Die Arbeitszeit gilt nicht länger Maßstab für die Leistung der Mitarbeiter, sondern die Ergebnisse, die sie liefern.

Insgesamt hat die Vertrauensarbeitszeit viele positive Aspekte. Dass jedoch auch der Anspruch und der Druck für die Mitarbeiter enorm gestiegen sind, ist nicht zu übersehen. Solange das Arbeitszeitmodell auch für die Mitarbeiter funktioniert, ist ihnen nichts entgegenzusetzen, denn die Vertrauensarbeitszeit beruht auf einer Win-Win-Situation. Die Unternehmen stehen in der Pflicht, auf ihr wertvollstes Gut Acht zu geben: ihre Mitarbeiter.

Im nächsten Blogbeitrag stellen wir Ihnen ein Praxisbeispiel zur Vertrauensarbeitszeit vor. Wie etablieren andere Unternehmen die Vertrauensarbeitszeit? Was ist für diese Veränderung zu beachten? Und besonders spannend: Was sagen die Mitarbeiter und Führungskräfte zu dem Arbeitszeitmodell?

Haben Sie den Anfang verpasst? Hier geht’s zurück zum ersten Artikel Flexible Arbeitszeitmodelle!

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Karoline Heller

Karoline Heller ist Bloggerin für die Neudenkerei und beschäftigt sich vorrangig mit dem Thema Arbeit 4.0. Ihr Forschungsgebiet und ihre Leidenschaft liegen im Bereich der sich wandelnden und flexiblen Arbeitswelt. Sie hinterfragt alte Arbeitsmodelle und veraltete Denkweisen in der Berufswelt.

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